23.8 Stadel - Speicher am Nordrand


 

Kronzeuge der Dauersiedlungen

Nördlich des Weilers Blatten liegt, bevor das Gelände steil in Richtung Zermatt abfällt, nochmals eine von glattgeschliffenen Felsrücken durchzogene Ebene. Auf dem felsigen Untergrund stehen, um wenig wertvolles Kulturland zu beanspruchen, einige Ökonomiebauten; unter ihnen auch ein prominent platzierter, frei stehender und gut erhaltener Stadel-Speicher. Er ist mit den üblichen Steinplatten gedeckt und weist einen Vorkrag auf, wie wir ihn etwa im Weiler zum See sahen. Der Bau gehörte ursprünglich zu einem Stadelquartier am Weilerrand (siehe Foto 193).

 

Auch ein weiteres Charakteristikum kennen wir bereits: Die dünnen Wandhölzer. Am besten lässt sich dies an den Gebäudeecken sehen: Die dicken Kanthölzer, auf denen die Wände aufliegen, messen beispielsweise 13 und 17 cm, die Hölzer der aufgehenden Wände aber haben nur eine Stärke von 6, 7 oder 8 cm, wir finden auch

,Ausreisser’ mit nur 5 oder mit sogar 9 cm Stärke.

 

Wir haben hier nochmals einen Mischbau vor uns, der Stadel und Speicher unter demselben Dach beherbergt. Der Bau datiert laut der Dendroanalyse aus dem Jahre 1712, zwei Proben enden mit Waldkante 1711 und 1712 und lassen zuverlässig auf die Fälljahre schliessen. Das Gebäude stellt ein schönes Beispiel für einen Vorratsbau dar, der im ganzjährig bewohnten Weiler Blatten während Generationen den EinwohnerInnen ein Überleben im Gebirge ermöglichte, auch in klimatisch prekären Jahrzehnten, wie sie während der Kleinen Eiszeit immer wiederkehrten!

 

 

Labornummern Dendrosuisse 2022: 621 375-379 vom 19. August 2022

Koordinate 2 623 049 / 1 095 196

Parzellennummer GIS 3220, Gebäudenummer 2062 bzw. Nr. 20


Laub, Borstgras, Beeren und Kräuter, Wildheu, Lärchennadeln, Wacholderspitzen – Suchen und Sammeln von Ergänzungsnahrung für Mensch und Vieh war ein Bestandteil traditioneller Arbeiten, vor allem gegen den Herbst hin und in Jahren mit schlechter Ernte. Die Fotografie aus der Zeit zeigt Ludwina Perren (1887–1965) unterhalb der Kapelle Blatten. Sie kehrt vom Faggsu zurück: Faggse sind Borstgräser und wer geyd ga faggsu, geht mit der Sichel Borstgräser schneiden, fasst sie in Rückenkörben und Tüchern und trägt sie als Notnahrung für die Tiere zur Scheune. (Unbekannter Fotograf, wohl um 1950, Sammlung Gregor Kronig, Zermatt).